Hinaus in die Welt

Wie, ein Blogbeitrag über das Buch? Wer das Buch lesen will, kann es doch kaufen. Stimmt. Aber dennoch ist das Buch auch so etwas wie ein Baby, und über ihr Baby hat jede Mutter viel zu erzählen.

Der Baby-Vergleich kam tatsächlich des Öfteren im Verlauf der Entstehung des Buches. Den Plan, den Wunsch gab es schon ewig. Dann kam die Umsetzung. Die Verlagssuche ähnelte der Kinderwunschzeit, in der man sich für einem Weg entscheiden muss: die Suche nach dem richtigen, die Vorgespräche, der Vertragsabschluss. Die Arbeit am Manuskript war wie die Kinderwunschbehandlungen: anstrengend und manchmal schmerzhaft (wenn ich ganze Seiten auf den Erfahrungsberichten herauskürzen musste, damit das Buch nicht überladen wird, wohl wissend, das jede dieser Seite ganz wichtige Momente der jeweiligen Lebensgeschichte der Porträtierten enthielten) und auch voller Energie und Tatendrang, es ging voran. Die Lektorin sprach gern von sich als von einer Geburtshelferin, vor allen in den Momenten, wenn mir ihre Änderungsvorschläge auf den ersten Blick gar nicht gefielen (und natürlich, am Ende taten die Änderungen dem Buch gut). Die Schwangerschaft war die Zeit von der Abgabe des Manuskripts bis zu dem Tag, als ich endlich das erste gedruckte Exemplar in der Hand hielt, eine lange Wartezeit mit einigen Wehwehchen zwischendurch (wenn doch noch einmal etwas geändert werden sollte …).

Und dann war es raus, das Buch, in Mails wurde mir zur Geburt des Babys gratuliert. Wirklich! Und im Grunde ist es auch so: Während etliche der Solomütter (auch einige von denen, deren Porträts im Buch zu finden sind) inzwischen Kind Nr. 2 oder Nr. 3 bekommen haben, ist meine Tochter weiterhin Einzelkind. Buchbaby statt Geschwisterbaby. Und wie bei einem Baby auch weiß man vorher überhaupt nicht, wie es denn so sein wird, das Kind, auch wenn man es neun Monate im Bauch mit sich herumgetragen und ein 3-D-Ultraschallbild hat, auch wenn man ein fünfzigseitiges Dossier für die Adoptionsagentur erstellt hat, auch wenn man monatelang täglich an dem Manuskript gesessen hat.

Ein Buch in der Hand zu halten ist etwas völlig anderes, als den Text tausendmal am Bildschirm gelesen und bearbeitet zu haben. Ich gehöre zur altmodischen Fraktion, ich mag Papier. Ein Buch auf Papier wirkt einfach anders, gewichtiger, seriöser, auch endgültiger vielleicht. Ein Text, den ich auf dem Bildschirm lese, egal ob auf dem Notebook oder einem E-Book-Reader, den nehme ich als etwas Flüchtigeres wahr, etwas Vorläufiges, das ich noch bearbeiten und verändern oder einfach wegklicken könnte. Ein Buch auf Papier dagegen zeigt seine Präsenz: Hier bin ich, ich nehme Platz im Regal ein, nimm mich in die Hand, blättre mich durch. Und was für mich das Erstaunlichste überhaupt war: Ich habe das Buch – als fertiges Buch – wie einen völlig neuen Text gelesen, so als hätte ich ihn nie zuvor zu Gesicht bekommen. Wenn das keine Metamorphose war!

Das Buch ist jetzt draußen und geht seine eigenen Wege. Bei einem Buch ist das Gehenlassen zum Glück ganz leicht, nicht so wie bei einem Kind, das größer und unabhängiger wird.

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3 Gedanken zu „Hinaus in die Welt“

  1. Ich halte das Buch seit gestern in den Händen. Ich kann nur eines sagen: Danke!
    Noch nicht alle Kapitel sind gelesenen aber doch die meisten. Die Schicksale sind bewegend und der Grundtenor den ich heraushöre befreiend. Es ist nicht nötig eine Partnerschaft zu haben, um eine Familie zu gründen.

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